Klan - “Mrowisko” (Muza, 1970)
21.04.2014
Wie
gute
Freunde
von
mir
wissen,
kann
ich
bekanntlich
mit
den
Begriffen
„Westmusik“
und
„Ostrock“
nicht
viel
anfangen.
Das
liegt
zum
einen
daran,
dass
ich
auch
einmal
selbst
musiziert
und
Instrumente
(Violine,
Gitarre,
Mandoline)
gespielt
habe
und
man
dadurch
eher
eine
Unterscheidung
in
gut
oder
weniger
gut
mit
auf
den
Weg
bekommt.
Zum
anderem
habe
ich
mich
schon
immer
sehr
vielseitig
interessiert.
Neben
den
Kultsendungen
wie
„Bravo
Musikbox“,
dem
„Rias
Treffpunkt“
oder
„SF-Beat“,
klebte
mein
Ohr
auch
an
heimischen
Sendern,
die
begannen,
unsere
Szene
medial
einzufangen
und
zu
fördern.
Außerdem
habe
ich
viele
meiner
Platten
damals
in
den
Berliner
Kulturzentren
von
Ungarn,
Polen
und
der
CSSR
gekauft.
Bei
all dem, ob Radio oder Platte, gab und gibt es immer nur ein einziges Kriterium: Die Musik muss mir gefallen.
Für
mich
sind
die
Charts
kein
Maßstab
für
Qualität,
sondern
bestenfalls
für
verkaufte
Menge
und
wie
man
heute
Spitzenplätze
„votet“,
muss
auch
keinem
mehr
erklärt
werden.
Da
wird
etwas
„organisiert“,
egal
wie
die
musikalische
Substanz
aussieht.
Hätte
ich
mich
schon
damals
nur
an
den
Hit-Paraden
orientiert,
wären
mir,
sowohl
national
als
auch
international,
viele
Bands
und
Künstler
verborgen
geblieben,
weil
meine
Vorstellungen
nicht
die
der
Masse
waren
oder
sind.
Eine
dieser
Scheiben,
die
unbemerkt
musikalische
Maßstäbe
gesetzt
hat,
möchte
ich
gern
wieder
an
eine
kleine
Öffentlichkeit
heben.
Ich
vermute
mal,
kaum
einer
wird
sie
kennen
und
dennoch
hat
diese
Scheibe
eine
bleibende
„Duftnote“ in Polen, und nicht nur dort, gesetzt.
KLAN
ist
in
diesem
Fall
eine
polnische
Jazz-Rock-Band,
die
nur
in
der
kurzen
Zeitspanne
von
1969
bis
1971
existierte
und
sich
dann
wieder
auflöste.
Die
Gruppe
schaffte
es
aber,
außer
einer
EP,
ein
Album
zu
veröffentlichen,
das
es
in
sich
hat.
Diese
Platte
symbolisiert
für
Polen
quasi
die
Zeit
zwischen
noch
Beat
und
schon
Rockmusik.
Die
Musik
zum
Ballett
„Ameisenhaufen“
ist
von
ganz
unterschiedlichen
Einflüssen
geprägt
und
klingt
doch
immer
ganz
typisch
polnisch,
weil
sie
aus
der
reichhaltigen
Folklore
unseres
Nachbarlandes
schöpft.
Niemals
danach
hat
es
eine
andere
polnische
Band
geschafft,
eine
Palette
zwischen
Folk,
Jazz,
Rock,
Psychedelic,
Latin
und
freien
Experimenten
so
konsequent
und
leichtfüßig
zu
vertonen,
wie
auf
diesem
Album
„Mrowsiko“
(Ameisenhaufen)
geschehen.
Die
dreizehn
Songs
widerspiegeln
das
anonyme
und
quirlige
Leben
der
Menschen,
die
wie
Gesichtslose
im
Moloch
der
Großstadt
aneinander
vorüber
und
vorbei
leben.
Dafür
wählten
die
Musiker
um
den
Komponisten
MAREK
ALASZEWSKI
und
den
Lyriker
MARIAN
SKOLARSKI
das
Synonym
des
großen
Kribbelns
wie
in
einem
Ameisenhaufen.
Das
war
zu
jener
Zeit
sehr
gewagt,
hatte
eine
gute
Portion
Kritik
im
Gepäck,
wurde aber in einzigartiger Manier musikalisch auf Platte und auch live, wie zum Beispiel in Opole 1970, umgesetzt.
Es
beginnt
genau
so,
wie
man
sich
einen
Spaziergang
in
den
Wald
hinein
vorstellt.
Vögel
zwitschern
und
Grillen
zirpen,
wenn
„Sen“
(Der
Traum)
beginnt.
Die
Geräusche
des
Waldes
empfangen
uns
mit
all
ihrer
schönen
Faszination
und
führen
den
Fremden
mit
lockenden
Klängen
von
Orgel
und
Gitarren
in
Versuchung
(„Kuszenie“).
Auf
einem
vielschichtigen
Rhythmusgeflecht
wird
man
entführt
und
landet
wenig
später
bei
„Nerwy
Miast“
(Nerven
der
Großstädte),
einem
weit
ausladenden
Stück
mit
beinahe
beschwörendem
Gesang,
das
sich
heißer
Blues-
und
flotten
Swing-Einlagen
bedient,
um
wenig
später
in
träumerisch
schwelgende
Passagen
auszuwachsen.
„Senne
Wedrowki“
(Wandernde
Träume)
klingt
schwermütig
und
berauschend
schön,
aber
auch
faszinierend
unterkühlt
und
wächst
sich
hymnisch
aus.
Die
beiden
folgenden
Stücke,
als
Tänze
gedacht,
leben
von
opulenten
Soundkollagen
und
ständig
wechselnden
Breaks,
ohne
die
entstehenden
Stimmung
zu
zerstören.
Danach
endet
die
erste
LP-Seite
mit
„Na
Przekor“
(Gegen
alles),
elegisch
versponnenen
Klängen
sowie
einem
hymnisch
ausladenden
Chor,
Gospel
durchaus
ähnlich.
Obwohl
dies
sieben,
inhaltlich
voneinander abgesetzte, Kompositionen sind, erfährt man sie alle als eine in sich geschlossene Suite.
In
gleicher
Weise
erlebt
der
Hörer
die
zweite
Seite
der
Platte,
in
die
man
mit
„Nasze
Mysli“
(Unsere
Gedanken),
hinein
gelockt
wird.
Wieder
wird
man
mit
filigranen
Gitarren
und
Orgelklängen
entführt,
irgendwo
zwischen
Folk
und
Slow-Blues
feinfühlig
eingeladen
und
von
Gesangsstimmen
eingefangen.
Das
folgende
Titelstück
„Mrowisko“
(Ameisenhaufen)
basiert
auf
dem
Spiel
einer
Akustik-Gitarre,
um
sich
aus
deren
Spiel
in
ein
opulentes
schwermütiges
Werk
auszuweiten,
das
sich
irgendwo
im
Nichts
zu
verlieren
scheint.
Wir
sind
in
der
„Landschaft
der
leeren
Räume“
(Pejzass
Pustych
Ram)
angelangt.
Hier
verschmilzt
Folk
mit
gregorianisch
anmutenden
Kirchengesängen,
wie
sie
dem
Kenner
von
einem
anderen
großen
Künstler
Polens
in
Erinnerung
geblieben
sind.
Der
nun
folgende
„Tanz
der
Hungrigen“
(Taniec
Glodnego)
erinnert
mit
seinem
überaus
markanten
Flötenspiel
an
einen
anderen
Großen
des
Genres.
Obwohl
der
zu
jener
Zeit
gerade
erst
begann,
seinen
Stil
zu
finden,
sind
die
Parallelen
umso
erstaunlicher.
Mit
der
folgenden
“Epidemia
Eufori“
(Euphorische
Epidemie)
sind
wir
mitten
in
einem
wilden
und
freien
Tanz,
in
dem
die
Rhythmen
mit
den
Instrumente
(Orgel,
Gitarre,
Bass)
zu
spielen
scheinen,
ehe
die
Geschichte
endet,
wie
sie
begann
–
mit
einem
Traum
(„Sen“)
und
den
Klängen
der
Natur.
Damit
endet
auch der zweite Teil der durchgängig gestalteten Suite, die von der Idee her eigentlich eine Ballettmusik darstellt.
Ich
weiß
noch
genau,
dass
ich
mir
damals
das
Album
nur
wegen
des
völlig
anderen
und
interessanten
Cover-Artworks
gekauft
habe.
Gehört
hatte
ich
die
Musik
bis
dahin
nicht
und
dann
später,
als
ich
mich
schon
in
das
Kleinod
verliebt
hatte,
war
davon
auch
nichts
im
Rundfunk
zu
hören.
Zu
schnell
rannten
die
aufkommenden
populären
Rockströmungen
in
Polen,
aber
auch
in
der
DDR,
darüber
hinweg
und
verhinderten
eine
größere
Popularität
der
Band
und
ihrer
einzigartigen
Musik.
Aber
auch
heute,
da
vieles
nur
noch
nach
Kommerz,
den
Charts,
den
Verkaufszahlen
und
dem
schnellen
Geld
schielt,
große
Konzerne
mit
ausgeklügelten
Strategien
die
Meinungen
machen
und
den
Geschmack
manipulieren,
hätte
dieses
kleine
Kunstwerk
leider
keine
Chance.
Musik
ist
über
weite
Strecken
zum
reinen
Produkt
verkommen
und
das
erschreckt
mich
immer wieder neu.
„Mrowisko“
von
den
polnischen
KLAN
ist
eine
jener
Scheiben,
die
man
vom
ersten
bis
zum
letzten
Ton
an
einem
Stück
durchhören
kann,
ohne
das
man
fürchten
müsste,
die
Spannung
würde
nachlassen.
Die
Musik
steckt
voller
überraschender
Wendungen
und
man
entdeckt
faszinierendes
Zusammenspiel
ganz
unterschiedlicher
Instrumente.
Diese
Scheibe
ist
ein
Glanzstück
des
Musizierens
auf
höchstem
Niveau
sowie
eine
Meisterleistung
der
Verschmelzung
von
scheinbar
völlig
gegensätzlichen
Stilen
und
Möglichkeiten
und
so
auch
Spiegelbild
einer
der
innovativsten
Momente
internationaler
Rockmusik
und
nicht
nur
Polens.
Wer
sich
auskennt
und
seine
Hörgewohnheiten
abseits
eingängiger
Charts
erprobt
hat,
dem
springen
die
Facetten
von
Santana,
Genesis,
Jethro
Tull,
Nice
bis
hin
zu
Niemen
und
den
Spielarten
von
Folk,
Jazz,
Soul
und
Blues
förmlich
in
die
Ohren
und
er
wird
merken,
dass
nichts
davon
nur
billige
Kopie
des
Effekts
wegen,
sondern
eingebettet
in
die
reichhaltige
Fundgrube
der
polnischen
Folklore
entstanden
und
gewachsen
ist.
Das
macht
auch
die
Faszination
der
Musik
von
„Mrowisko“
aus.
Wer
bereit
ist,
diese
Musik
zu
entdecken,
wird,
selbst
noch
vierzig
Jahre
nach
ihrem Erscheinen, seine Freude an ihr haben.